Die Coronapandemie hat vielerorts der Digitalisierung zusätzlichen Schub verliehen. Was waren die Auswirkungen auf den Schweizer Cloud-Markt?
Michael Teniz: Wir haben immer zwei Seiten der Medaille: Viele Unternehmen haben den berüchtigten 5-8 Jahre Digitalisierungs-Sprung mitgemacht und sich dem Thema Cloud geöffnet. Dies ist sehr erfreulich für ihre Zukunft.
Die negativen Auswirkungen sind, wie fast in allen Ländern, besorgniserregend: das Thema Sicherheit hat unter dem massiven Zeitdruck stark gelitten. Daher ist es aus meiner Sicht sehr erfreulich dass wir die Digitalisierung angegangen sind, aber wir müssen nun dringend das Thema Sicherheit in Angriff nehmen. Zu viele Unternehmen wurden bereits Opfer von Hacks und massiven Sicherheitsproblemen.
Unlängst hat sich der Bundesrat gegen eine "Swiss Cloud", dafür für eine Art Label ausgesprochen. Wie beurteilen Sie seine Stossrichtung?
Im Bereich Cloud Services ist unsere ISV (Independent Software Vendor) Landschaft sehr gut unterwegs. Ein Label, das eine standardisierte, zertifizierte und sicherheitsorientierte Qualität an Cloud Services bietet, ist gut für alle - Unternehmen und Nutzer - und es liefert ein hohes internationales Ansehen. Daher halte ich ein auf Basis von Normen definiertes Label für vertrauensbildend und hilfreich.
Derweil kommt das europäische Gaia-X-Projekt in die Gänge. Warum findet man darin kaum Schweizer Unternehmen?
Die Dichte und Menge an Datacenter in der Schweiz ist beachtlich. Insofern wäre ein Projekt wie Gaia-X für die Anbieter ein weiterer europäischer Türöffner.
Aber die aktuelle Awareness für das Projekt ist in der Schweiz nicht sehr gross. Ich hoffe, unser Event-Teilnehmer Andreas Weiss kann informieren und ein paar Fragen beantworten, insbesondere welchen Mehrwert unsere privat wirtschaftlichen Unternehmen in der Schweiz mit dem Gaia-X Projekt erhalten könnten.
Am kommenden Event von Eurocloud Swiss geht es um den Begriff der "Swissness". Was bedeutet der Begriff in Bezug auf die Cloud für Sie?
Qualität, Stabilität, Sicherheit, Innovation, Marktreife, businessfähige Lösungen.
Was ist für Sie die grösste Stärke des Schweizerischen Cloud-Marktes?
Wir haben hervorragende Universitäten und Institutionen, welche weltweit ein anerkanntes Qualitätssiegel besitzen. Daraus generieren wir wirkliche Pioniere, die Lösungen für alle Industriezweige entwickeln. In der Schweiz entstehen Unternehmen, die selbst im Silicon Valley finanzielle Unterstützung erhalten.
Dazu das Label Swissness, das Sicherheit, Stabilität und Qualität erzeugt, das ist eine der grössten Stärken, die wir gegenüber vielen anderen Ländern haben.
Was geben Sie der Schweizer Cloud-Branche auf den Weg?
Unsere Cloud Anbieter, die ISVs, müssen Ihre Lösungen bekannter machen, da haben wir sicherlich noch viel Potential. Sicher lassen sich viele Lösungen nicht einfach so vermarkten, aber es gibt nationale und internationale Unternehmen, die hier unterstützen können.
Unseren IT-Dienstleistern möchte ich sagen: das Jahr 2020 und aber auch 2021 hat uns fünf bis zehn Jahre nach vorne gebracht. Jetzt ist es an der Zeit, sich vorbehaltlos auf diesen Wandel einzulassen, die damit verbundenen riesigen Chancen zu erkennen und beherzt anzugehen.
Und an die Unternehmen gerichtet: setzen Sie sich heute mit neuen Themen auseinander, die vielfach noch in einem visionären Stadium sind. Damit meine ich alle, vom Bäcker, Landschaftsgärtner, Behörden bis hin zu unserer Pharmabranche. Wir alle müssen ab sofort mutiger sein, Neues anzuhören und zuzulassen.