Die Cloud hat die IT-Landschaft grundlegend verändert. Früher mussten Unternehmen tief in die Tasche greifen, um eine eigene Infrastruktur aufzubauen. "Heutzutage kann man die gleiche Leistung aus der Cloud beziehen und quasi mit dem Sackgeld finanzieren", sagte Martin Andenmatten, Präsident des Fachverbands Eurocloud Swiss und Gründer von Glenfis.
Dies mache die Cloud zu einer enormen Chance für Start-ups. Der Fachverband widmete seinen Herbstevent daher diesem Thema. Der Anlass fand dem Thema entsprechend im Schlieremer Institut für Jungunternehmen statt.
Alibaba vernetzt Start-ups mit China
Als erstes hatten die Cloud-Provider das Wort. Den Anfang machte Michael Plagge, Business Development Director bei Alibaba Cloud. Der chinesische Cloud-Anbieter hat auch ein Rechenzentrum in Deutschland - und untersteht daher auch der EU-DSGVO.
"Wir sind der einzige Anbieter, der Unternehmen nach europäischen Recht dabei helfen kann, nach China zu expandieren", sagte Plagge. Die RZs sind jeweils mit privaten Backbones verbunden. So bietet Alibaba gemäss Plagge bei Verbindungen nach China mittlere Latenzzeiten ohne Paketverlust. "Bei uns können Sie ihre Bandbreite auf Sekundenbasis hoch- oder runterskalieren und zahlen dabei nach dem Pay-as-you-go-Modell", ergänzte er.
Das Unternehmen will Start-ups bei der Vermarktung unterstützen. Ferner greift es Jungunternehmen auch mit dem eigenen Start-up-Wettbewerb "Create" unter die Arme. Das chinesische Unternehmen hat dabei durchaus auch einen Blick auf Europa: "Alibaba investiert auch in Schweizer Start-ups", sagte Plagge. Dazu zählt etwa Wayray mit Sitz in Zürich, das holographische AR-Technologien für vernetzte Autos entwickelt.
Warum sollten sich Schweizer Start-ups für eine Direktverbindung mit China interessieren? "China ist ein riesiger Markt mit über 800 Millionen Internetnutzern", sagte Plagge. In den nächsten 10 Jahren wird die Anzahl Städte mit über 1 Million Einwohnern von 102 auf 220 Millionen ansteigen.
Spie räumt mit Cloud-Mythen auf
Auch Jan Husak, Portfolio & Partner Manager bei Spie, sprach über "das Füllhorn an Möglichkeiten aus der Cloud". Schnell und agil. Unternehmen könnten dank der Cloud IT as-a-Service beziehen: Alles ausprobieren und die Komponenten wieder fallen lassen, die nicht rentieren. Die IT wechsle somit auch ihre Rolle im Unternehmen und werde sozusagen zum internen Service Provider.
"Aber ohne Verständnis für die Technologie und ohne konkrete Strategie wird dies nicht funktionieren", ermahnte er das Publikum. Denn sonst resultiere die Reise in die Cloud in ein "kreatives Chaos, das letztlich dem Business nicht diene".
Husak räumte während seinem Vortrag auch mit drei Cloud-Mythen auf:
- Once I'm in the Cloud, I'm done: Das stimme zwar zum Teil - aber eben nicht ganz. Denn auch in der Cloud gebe es weiterhin Lifecycles zu beachten und verwalten.
- Die Cloud sollte nicht für geschäftskritische Prozesse genutzt werden: Für Start-ups gelte genau das Gegenteil. Sie könnten und sollten das komplette Geschäftsmodell in der Cloud abbilden. So hätten sie jederzeit Zugriff auf ihre Daten und Ressourcen.
- Die Cloud ist nicht sicher: "IT-Security funktioniert auch in der Cloud – sie funktioniert einfach anders", sagte Husak. Die bestehenden On-Premise-Ansätze 1:1 in der Cloud umsetzen zu wollen, das funktioniere nicht.
Start-ups reflektieren über Zusammenarbeit mit Cloud Providern
Bevor die Start-ups ihre Sicht präsentieren konnten, hatte Andenmatten noch eine Überraschung für einen der Besucher. Der Fachverband prüft auch Cloud Services. Im Rahmen des diesjährigen Herbstevents überreichte Andenmatten dem Geschäftsführer von Inel-Data, Urs Leimgruber, das Zertifikat persönlich. Inel-Data bietet Payroll- und HR-Dienstleistungen als SaaS an.
Nach der Vergabe sassen verschiedene Start-ups für eine Podiumsdiskussion zusammen. Auf die Frage, wie ein Start-up überhaupt die ersten Inputs für seine Reise in die Cloud finde, antwortete Daniel Christen, Gründer und CEO von Systemcredit, folgendermassen:
"Wir hatten zu Beginn auch keine Entwickler im Haus. Aber die Schweizer Outsourcing- und Start-up-Community ist sehr klein. Wir wussten genau, an welche Anlässe wir gehen mussten, um die richtigen Leute zu treffen. Diese gegenseitige Unterstützung und das Networking funktioniert hier in der Umgebung von Zürich sehr gut."
Die Teilnehmer des Podiums (v.l.): Patrick Patzig von Coachbetter, Daniel Christen von Systemcredit, Andres Gees und Herbert Wanner von Eurocloud Swiss, Justin Owen von Pexapark sowie Joël Ben Hamida von Bexio. (Source: Netzmedien)
Joël Ben Hamida, Head of Community & Education von Bexio, sprach über die Zusammenarbeit mit Cloud Providern. Aufgrund von Pricing und Skalierbarkeit wechsle der St. Galler ERP-Anbieter derzeit den Anbieter. "Für uns war es aber von Anfang an wichtig, dass die Daten in der Schweiz bleiben müssen", sagte er. "Viele Unternehmen haben nur schon beim Thema Cloud kalte Füsse, dann können die Daten nicht auch noch im Ausland gelagert sein.
" Zum Abschluss des Events richtete Vito Critti noch ein paar Worte an das Publikum: "Denkt immer in Tausenden", sagte der Gründer von Swiss Cloud Computing. Wenn man etwa einen Service entwickelt, soll man sich immer überlegen, wie man diesen Dienst für 1000 Kunden bereitstellen kann. "Wenn man von Anfang an in diesen Grössenordnungen denkt, fällt das Skalieren später viel einfacher."